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Flutkatastrophe in Belgien, Niederlande und Österreich: "Es ist ein Desaster"


Flutkatastrophe in deutschen Nachbarländern
"Es ist ein Desaster, ein Tsunami"


19.07.2021Lesedauer: 5 Min.
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Teile der Niederlande von Wassermassen bedroht: Trotz guter Vorbereitung auf mögliche Hochwasser, mahnt der Bürgermeister von Venlo zur Vorsicht. (Quelle: t-online)

Nicht nur Deutschland hat das enorme Hochwasser in den vergangenen Tagen schwer getroffen. Auch in angrenzenden Ländern ist die Lage teils katastrophal. Ein Überblick.

Menschen sind ertrunken, Häuser sind durch Schutt und Schlamm unbewohnbar, von Wassermassen verschlungene Autos treiben durch die Straßen, eingestürzte Brücken verursachen Geröll in den Fluten. Die Folgen der Hochwasser in Mitteleuropa in den letzten Tagen waren katastrophal und lösten internationales Mitgefühl aus. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich derzeit auf fast 160 in Deutschland, Hunderte Menschen gelten aber noch als vermisst.

Aber auch Deutschlands Nachbarn sind betroffen. Das Unwetter hat auch schwere Schäden in Belgien, den Niederlanden und Österreich hinterlassen. Besonders schwere Folgen hatten die Hochwasser in Belgien – dort starben 31 Menschen. "Leider müssen wir damit rechnen, dass diese Zahl in den nächsten Stunden und Tagen weiter ansteigen wird", teilte das nationale Krisenzentrum des Landes mit.

120 Gemeinden in Belgien betroffen

Nach tagelangem Starkregen waren die dicht besiedelten Täler der Maas-Region im Dreiländer-Eck von Deutschland, Belgien und den Niederlanden ab Donnerstag überschwemmt worden. In rund 120 belgischen Gemeinden richteten die Wassermassen heftige Schäden an. Besonders Betroffen war die Provinz Lüttich, wo die Maas von zahlreichen Nebenflüssen gespeist wird.

Im Stadtteil Angleur der Provinzhauptstadt Lüttich war es die Ourthe, die Häuser flutete, Autos fortriss und dabei mindestens zwei Menschen das Leben kostete. Am Samstag begannen Anwohner mit den Aufräumarbeiten, sie stapelten durchnässte Möbel auf den Gehwegen, pumpten das restliche Wasser aus den Kellern und beseitigten Wassermassen aus den Erdgeschossen.

In Pepinster trat die Vesdre über die Ufer, knapp ein Dutzend Menschen starben. "Es ist ein Desaster, ein Tsunami", sagte der Bürgermeister in Pepinster, Philippe Godin. Belgiens Regierungschef Alexander de Croo und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen besuchten am Samstag den Ort unweit von Aachen und weitere betroffene Gebiete in Belgien.

Von der Leyen: "Wir trauern gemeinsam"

Dort sprachen de Croo und von der Leyen mit betroffenen Anwohnern, Notfallhelfern und örtlichen Behördenvertretern. Die EU-Kommissionschefin sagte den Betroffenen Unterstützung zu: "Ich sagte ihnen: Die EU steht an eurer Seite. Wir trauern gemeinsam – und wir bauen gemeinsam wieder auf."

Auch der Fluss Vesdre flutete in Chaudfontaine bei Lüttich Häuser, warf Bäume um und überzog die Ortschaft mit einer Schlammschicht. Dort fiel die Fabrik des bekannten Chocolatiers Galler den Wassermassen zum Opfer. "Die Priorität ist jetzt, die Fabrik zu sichern und den Strom wieder anzuschalten, um zu sehen, ob die Maschinen noch funktionieren", sagte Gallers Sprecherin Valérie Stefenatto der Nachrichtenagentur AFP.

Wenn das Wasser zurückgeht, "werden wir wahrscheinlich noch katastrophale Situationen vorfinden", warnte die Bürgermeisterin von Lüttich, Christine Defraigne. Das nationale Krisenzentrum hatte am späten Samstag erstmals seit Freitagmorgen wieder die Zahl der Vermissten beziffert – und von 20 auf 103 erhöht. Inzwischen geht man von mehr als 160 Vermissten aus. "Wir hoffen, dass es nur daran liegt, dass wir sie nicht erreichen können", sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Staatstrauertag in Belgien

Premierminister de Croo kündigte für den 20. Juli einen Staatstrauertag an. "Nachdem ich die betroffenen Regionen besucht habe, habe ich darum gebeten, Unterstützung aus dem Europäischen Solidaritätsfonds bei der Europäischen Kommission zu beantragen", schrieb er auf Twitter. "Das soll den betroffenen Regionen bei den schweren Wiederaufbauarbeiten helfen, die in den kommenden Wochen anstehen."

Die Rettungsarbeiten in Pepinster seien eingestellt, erklärte das Krisenzentrum der Regierung am Sonntagabend. Nach 163 Vermissten werde noch gesucht. Im Mittelpunkt stünden nun die Aufräumarbeiten und die Abschätzung der materiellen Schäden. Nach dem Besuch von der Leyens in dem belgischen Katastrophengebiet sagte de Croo, man sehe "erheblichen Schaden, Schmerz, aber auch enorme Solidarität." Der Besuch der EU-Kommissionspräsidentin habe gezeigt, dass diese Solidarität weit über Grenzen hinausgehe.

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Niederlande: "Wir hatten wirklich einen Fluss, der durch Valkenburg verlief"

In den benachbarten Niederlanden waren ebenfalls große Schäden zu beklagen. "Wir hatten wirklich einen Fluss, der durch Valkenburg verlief", sagte Paola Baakman aus der Ortschaft bei Maastricht. 50 Kilometer weiter nördlich in Roermond mussten Hunderte Menschen ihre Häuser verlassen.

Nach Informationen der niederländischen Nachrichtenagentur ANP waren über 10.000 Menschen vorsorglich aufgerufen worden, sich wegen des Hochwassers der Maas in Sicherheit zu bringen. In Venlo an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen wütete das Hochwasser besonders stark. Am Montag scheint die Gefahr dort allerdings vorerst gebannt zu sein. Der Bürgermeister Venlos, Antoin Scholten, hatte sich bereits zuvor für die enorme Hilfsbereitschaft bedankt, auch aus dem deutschen Grenzgebiet. Es habe Angebote zur Einquartierung von Bewohnern der evakuierten Gebiete gegeben, außerdem hätten Feuerwehren mit Material und Mannschaften zur Hilfe bereitgestanden. Die Gemeinde teilte noch am Sonntag mit, dass fast alle Bewohner wieder in ihre Wohnungen oder Häuser zurückkehren könnten. Die Deiche seien sicher.

Todesopfer gab es in den Niederlanden nicht. "Das Wichtigste ist es, (…) den Flüssen mehr Raum zu geben", sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte bei einem Besuch in der betroffenen Provinz Limburg. In den Niederlanden sei das zum Glück geschehen.

Nach heftigen Überschwemmungen in den 1990er-Jahren waren in den Niederlanden vielerorts die Flussufer verbreitert worden, damit das Wasser bei Hochwasser überlaufen kann. Die Arbeiten im Umfang von mehr als zwei Milliarden Euro wurden 2019 abgeschlossen.

Hallein in Österreich teilweise überflutet

Auch in Österreich blieb die Lage zuletzt angespannt. Dort hatten Wassermassen am Samstagabend Teile der Altstadt von Hallein, nahe Salzburg, überflutet. Inzwischen wird eine Debatte laut, inwiefern der Hochwasserschutz dort überhaupt vorhanden war.

Auf einigen Videos bei Twitter ist die enorme Kraft der Wassermassen deutlich zu sehen. Umgekippte Autos werden wie Spielzeug mitgerissen. Der Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) von Hallein sprach am Montagmorgen von "riesigen Schäden". Es seien Häuser teilweise nicht mehr bewohnbar, sagte Stangassinger im Ö1-Morgenjournal. Wohnungen und Geschäfte seien verwüstet. Das berichten die "Salzburger Nachrichten". 66 Soldaten sind in den Ort geschickt worden, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen.

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Video | Zerstörung und Chaos nach Flut in Österreich
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Quelle: t-online

In Bramberg (Pinzgau) war am Sonntag die Salzach stark über die Ufer getreten und hatte weite Teile des Ortes überflutet. Nachdem Sonntagabend in Mittersill (Pinzgau) erneut die Salzach und auch der Pegel im Rückhaltebecken angestiegen waren, wurde für die Gemeinde Zivilschutzalarm ausgelöst. Bereits seit Samstagabend kämpfen landesweit 2.500 Einsatzkräfte nach dem Starkregen gegen die Wassermassen.

Finanzielle Hilfe zugesichert

In Niederösterreich ist der Niederschlag inzwischen weniger geworden, berichtet der ORF. In Salzburg und Tirol sei die Hochwasserlage allerdings noch immer angespannt. "Betroffene Salzburgerinnen und Salzburger bekommen unbürokratisch finanzielle Hilfen. Es wird auch niemand mit den Aufräumungsarbeiten alleine gelassen, das Land hilft zusammen", sagten Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Landesrat Josef Schwaiger.

Auch große Teile des Oberpinzgaus seien betroffen, berichtet das Portal "Rosenheim24". "Ich bin, ehrlich gesagt, erschüttert. Es handelt sich hier um ein 50 bis 100-jährliches Hochwasser. Die Infrastruktur wie Straßen, Wege, Radwege und vor allem der Gleiskörper der Pinzgauer Lokalbahn sowie Häuser wurden massiv beschädigt. Wir müssen jetzt schauen, was noch passiert, wie kritisch hier die Lage noch wird“, so der Landesrat Schwaiger. "Ohne den intensiven Hochwasserschutz wäre der Oberpinzgau gar nicht mehr besiedelbar." Nun muss in vielen Regionen der Wiederaufbau beginnen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP, Reuters, dpa
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