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Die längsten Durststrecken: So schlimm steht es um Europas Flüsse


Ausgetrocknete Ströme
So schlimm steht es um Europas Flüsse


Aktualisiert am 14.08.2022Lesedauer: 4 Min.
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Quelle: IMAGO/Andrea Fasani

Millionen von Menschen sind auf das Wasser in Rhein, Loire und Po angewiesen. Doch die anhaltende Dürre reduziert die Lebensadern zu Stein, Sand und Sorgen.

Es ist weder eine Froschplage, noch fließt Blut in Europas Flüssen. Dennoch mutet die anhaltende Dürre an wie eine biblische Plage: Seit Monaten herrscht allerhöchste Waldbrandgefahr, die Landwirte müssen um ihre Ernten fürchten und in einigen der wichtigsten Gewässer der EU fließt teils gar nichts mehr.

Fotos des Rheins, der französischen Loire und des italienischen Flusses Po verdeutlichen besonders eindrucksvoll, wie präsent die menschengemachte Klimakrise längst auch hier ist. Die Wissenschaft ist sicher: Je stärker sich das Klima erhitzt, desto wahrscheinlicher werden Extremwetter. Dürren sind dabei besonders prominent vertreten; vor allem im Sommer nimmt die Zahl aufeinanderfolgender Trockentage zu.

Für Europas Flüsse, die unverzichtbare Ökosysteme und Transportwege, Fischgründe, Bewässerungsquellen und Kühlsysteme für die Umgebung sind, ist das eine ernste Gefahr. Ein Blick auf ihren Überlebenskampf in Deutschland, Italien und Frankreich.

Mehr Rand als Rhein

Wo der Rhein sonst zwischen grünen Ufern durch Deutschland fließt, gibt es seit einigen Wochen neue Sandstrände.

Die Pegelstände an Mittel- und Niederrhein seien "außergewöhnlich niedrig" heißt es von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Am Knotenpunkt Kaub, zwischen Koblenz und Mainz, droht der Pegel am Wochenende so stark zu sinken, dass die Binnenschifffahrt auf dem Rhein zum Erliegen kommt. Schon jetzt dürfen Frachter nur halbvoll beladen sein, damit sie nicht auf Grund laufen.

Auch, wenn die Wettervorhersage für die kommenden zwei Wochen etwas Entspannung verspricht, gibt die Behörde noch keine Entwarnung. "Signifikant" regnen werde es nicht, die Wasserstände dürften weiterhin auf einem niedrigen Niveau bleiben.

In Kombination mit hohen Temperaturen ist das auch eine Gefahr für Fische und andere Flussbewohner. Denn: Das Wasser wird zu heiß. Im Rhein haben Klimaforscher bis zu 28 Grad gemessen, in den Nebenflüssen sei die Wassertemperatur teils noch höher. An solche Temperaturen können sich viele Tiere kaum mehr anpassen.

Klimaforscher haben mit einer solchen Entwicklung derzeit eigentlich noch nicht gerechnet. Man habe das Problem unterschätzt, sagen beispielsweise die Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Erst in rund 20 Jahren hätten sie derlei dramatische Dürreperioden als Folge der Klimakrise erwartet. Die Forscher haben nicht damit gerechnet, dass die Trockenperioden in Deutschland bereits jetzt so intensiv und anhaltend sein würden.

Riesenprobleme am Po

Auf mehr als 650 Kilometern schlängelt sich der Po aus den Alpen bis an die Adria-Küste, wo er südlich von Venedig ins Mittelmeer mündet. Doch in den Wintermonaten gab es in den Bergen kaum Schnee. Darauf folgte ein viel zu trockener Frühling und Sommer. In der lombardischen Lomellina hat es seit rund acht Monaten nicht mehr richtig geregnet.

Die anhaltende Hitze verschärft die Situation. Auf einigen Abschnitten des Flusses ist inzwischen fast alles Wasser verdunstet. Seit Anfang Juli gilt in fünf Regionen des Landes der Wassernotstand. Alle grenzen an den Po.

An der Messstation in Pontelagoscuro, kurz bevor der Fluss ins Mittelmeer mündet, plätschern nur noch 114 Kubikmeter pro Sekunde vorbei. Das entspricht weniger als einem Zehntel der Wassermenge, die hier im Hochsommer normal wäre.

Zwischen den Provinzen Parma und Reggio Emilia liegt der Po fast komplett trocken. Viele hoffen hier darauf, dass die Gemeinden rund um den Gardasee zustimmen, die Abflussmengen in die Bewässerungskanäle zu erhöhen. Der See ist Norditaliens größtes Wasserreservoir. Doch auch hier zeigt sich langsam die Trockenheit. Der Pegel sinkt stetig in Richtung der historischen Tiefmarke.

Neben der Fischerei ist auch die Landwirtschaft schwer getroffen: Der Po und seine Nebenflüsse führen zu wenig Wasser, um für ausreichend Bewässerung zu sorgen.

Aufgrund des niedrigen Pegels drängt an der Meermündung zur Adria bereits bis auf 40 Kilometer ins Landesinnere Salzwasser in das Flussbett und dringt ins Grundwasser vor. Auch das beeinflusst die Ernte. Der Gesamtschaden für die Bäuerinnen und Bauern beläuft sich laut der italienischen Agrarlobby Coldiretti auf rund 3 Milliarden Euro.

Leere entlang der Loire

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"Diese Trockenheit ist die schlimmste, die in unserem Land jemals verzeichnet wurde", so scharf formuliert Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne, wenn es um diesen Sommer geht. Wie schlimm es steht, sieht man auch der Loire an.

Eigentlich ist die Loire der größte Strom, der in den Atlantik mündet. Doch von diesem Glanz ist aktuell nichts mehr übrig.

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Mancherorts lasse sich der Fluss inzwischen sogar zu Fuß durchqueren, berichtet die südfranzösiche Zeitung "Nice-Matin". Entsprechende Bilder kommen auch von der Tageszeitung "Ouest-France", aus dem Westen des Landes. In den Großstädten Brest und Rennes hat es seit mehr als einem Monat überhaupt nicht mehr geregnet.

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Bereits im Juli hatte Frankreich einen Negativrekord gebrochen: Seit Beginn der Wetteraufzeichnung gab es keinen vergleichbar trockenen Monat. Für die Loire lässt sich angesichts des ausbleibenden Niederschlags aktuell wenig tun. Also wird an anderer Stelle geschraubt.

Um einen akuten Wassermangel zu verhindern, haben zwei Drittel der Regierungsbezirke auf dem Festland den Notstand ausgerufen. Wer hier sein Auto wäscht, die Blumen im Garten gießt oder die Einfahrt sauber spritzt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Mehr als nur unangenehm ist hingegen die zunehmend problematische Kühlung von Frankreichs Atommeilern.

Neben romantischen Schlössern säumen auch mehrere AKW die Ufer der Loire, die deren Wasser für ihre Kühlung nutzen. Während einige Experten warnen, dass das Wasser hierfür ohnehin bald zu warm werden könnte, sorgen die Kernkraftwerke selbst für höhere Wassertemperaturen. Denn das gebrauchte Kühlwasser fließt erwärmt zurück in den Fluss.

Um Flusstiere und -pflanzen zu schützen, müssen Kernkraftwerksbetreiber ab einer bestimmten Höchsttemperatur ihres Kühlabwassers die Leistung der Anlagen zurückdrehen. Dass es nun erstmals eine wochenlange Ausnahmegenehmigung gibt, sorgt Umweltschützer. Sie fürchten, dass erhöhte Wassertemperaturen den Sauerstoffgehalt des Flusses stören und Fische sowie andere Flusslebewesen schädigen könnten.

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